Tipp: Deine Webseite ohne Werbung:

Upgrade zu JimdoPro

Hinweis!

Du hast noch Fragen oder Probleme beim einloggen? Dann klick bitte hier.

Lernen ≠ Konditionierung ≠ Intelligenz?

Seit ich damit angefangen habe neben Trickvideos meiner Hunde ebensolche von Mäusen auf Videoplattformen zu zeigen, fällt mir ein merkwürdiges Phänomen auf: vollführen meine Hunde schwierige Tricks, werden sie in Kommentaren für ihre Intelligenz gelobt und bewundert. Machen meine Mäuse exakt dasselbe, bewundert man aber nicht etwa ihre geistige Leistung, sondern meine Fähigkeit sie zu konditionieren.

Äussert sich doch mal jemand dazu wie schlau er/sie meine Mäuse doch findet, folgen sofort Kommentare wie: "Das ist doch nur Konditionierung, das hat nichts mit Intelligenz zu tun, die Tiere wissen doch garnicht was sie tun...".

Und in einem Rattenforum wurde die Tatsache dass Mäuse besser und schneller lernen als ihre Tiere nicht etwa damit erklärt dass Mäuse schlicht und einfach schlauer sind, sondern sogar als Beweis für das exakte Gegenteil angesehen: weil Ratten so klug wären, ließen sie sich nicht so leicht konditionieren wie die einfach gestrickten Mäuse...

Zwei Tiere tun exakt dasselbe - oder sieht das vielleicht nur rein optisch so aus? Hat es das kluge Tier links etwa gelernt, beim Tier rechts dagegen handelt es sich "nur um Konditionierung" und es "weiß garnicht was es tut"?

 

Offensichtlich herrscht also die Ansicht vor, Konditionierung und Lernen wären zwei unterschiedliche Vorgänge.

Und Konditionierung wird als etwas Passives betrachtet, ein Tier wird schließlich konditioniert bzw. lässt sich konditionieren.

 

Tatsache ist: es gibt keinerlei Unterschied zwischen Hunde- und Mäusetraining. Beide lernen auf exakt dieselbe Weise über Konditionierung.

Von manchen gewinn- und öffentlichkeitsorientieren Hundetrainern hört man zwar, sie würden "ohne Konditionierung" arbeiten, würden "Dressur" ablehnen und mit Hunden stattdessen "artgerecht kommunizieren", aber natürlich ist das Unsinn. Denn auch wenn man Konditionierung über Belohnung als "Dressur" verunglimpft, Konditionierung über Strafe dagegen in "artgerechte Kommunikation" umbenennt - klingt für den Kunden oder Zuseher schließlich besser - ist und beibt letzteres nunmal Konditionierung nach Skinner.

 

Und selbstverständlich lernen auch wir Menschen über Konditionierung, auf gut Deutsch über Erfolg und Misserfolg, weshalb es mich besonders amüsiert wenn Menschen behaupten, Konditionierung habe nichts mit Intelligenz zu tun, eher sogar mit dem Gegenteil.

 

Konditionierung unterscheidet sich nicht von Lernen, sondern sie ist eine Lernform, wie auch z.B. Prägung, Habituation, Sensibilisierung und Nachahmungslernen.

Wobei man aber strikt zwischen klassischer und operanter Konditionierung unterscheiden sollte - und ich glaube genau darin liegt das Missverständnis begründet!

 

Klassische Konditionierung kennt man meist aus der Schule bzw. hat das berühmte Beispiel des Hundes von Pavlov im Kopf - der Trainer klingelt, der Hund sabbert.

Der Hund denkt nicht darüber nach ob es jetzt Sinn macht zu sabbern, diese Reaktion "passiert" ihm einfach, er hat keine Entscheidungsfreiheit darüber ob er sabbern soll oder nicht, er tut es unfreiwillig. Und das Sabbern ist kein Zeugnis von Intelligenz. Sogar Insekten wie Bienen und Schaben können schnell und einfach klassisch konditioniert werden.

 

Operante Konditionierung, die beim Clickertraining zur Anwendung kommt, ist das exakte Gegenteil von klassischer Konditionierung, und das sagt schon der Name: das Tier ist der Operator.

Anders als bei der klassischen Konditionierung reagiert das Tier nicht auf einen Reiz bzw. den Menschen, sondern ist umgekehrt der aktive Part und der Mensch sieht nur zu und reagiert auf das Verhalten welches das Tier von sich aus - freiwillig - zeigt.

Das Tier muss also selbstständig denken bzw. kreativ werden, um den Menschen zu einer Reaktion zu bewegen. Und natürlich ist das ein Akt von Intelligenz.

 

Dass Mäuse sich so besonders gut konditionieren "lassen" ist also nicht darin begründet dass sie eben einfach gestrickt sind, sondern ist im Gegenteil ein Zeugnis ihrer so erstaunlichen geistigen Fähigkeiten.

Warum soviele Menschen bei Tieren unter einer bestimmten Körpergröße (etwa die einer Katze) schlagartig auf den Begriff "Konditionierung" umschwenken, ist mir rätselhaft. Nochnie habe ich z.B. jemanden sagen hören, "Meine Tochter ist gerade in einem Kurs, ich lasse sie zum Schwimmen konditionieren".