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R.I.P Freundchen

 

"Manchmal nehmen die kleinsten Dinge den größten Platz in unserem Herzen ein."

Winnie Puuh

 

Eigentlich habe ich so gar keine Lust, schon so kurz nach Freudchen's recht unerwartetem, und für mich entsprechend schmerzhaften, Ableben gleich einen Blogartikel darüber zu verfassen.

Da seine Todesursache - nämlich offenbar ein Penisvorfall bzw. dessen Folgen - unter Knirpsmäusen aber mindestens so verbreitet zu sein scheint wie Atemwegsinfekte unter Farbmäusen, kann Freundchen vielleicht dazu beitragen, dieses Phänomen unter Knirpsmäusen hoffentlich bald zu verstehen.

Denn da es Freundchen ansonsten rundum so gut ging - sogar seine Augenentzündung war seit langem komplett im Griff (siehe obiges Foto) - war sein Tod für mich wirklich ziemlich niederschmetternd. Und das obwohl ich ursprünglich ohnehin nie damit gerechnet hatte, ihn noch über ein halbes Jahr bei mir zu haben.

 

 

Vorgeschichte

Schon von Anfang an, also seit ich Freundchen zum ersten Mal gehandelt habe, fiel mir auf, dass er das hatte was man bei anderen Mäusearten wohl als "Penisvorfall" bezeichnen würde. Dennoch war ich nicht nur nicht beunruhigt, sondern wähnte meinen Verdacht bestätigt: "Ha, siehst du wohl, bei denen ist das garnicht pathologisch."

Denn: In Mäusecommunities wurde quasi ständig von vermeintlichen Penisvorfällen von Knirpsmäusen berichtet - praktisch alle HalterInnen die sich etwas intensiver als hierzulande "üblich" mit ihren Knirpsen beschäftigt hatten, diese also individuell kannten und vorallem ein Auge auf deren Gesundheit hatten, fanden auch laufend Knirpsmäuse mit "Penisvorfällen" im Bestand...

Das passte auch perfekt zu meiner Beobachtung, dass Knirpse "trocken" zu markieren scheinen, insbesondere als dann gegen Sommerbeginn auch noch Titan einen "Penisvorfall" entwickelte - also genau zu jeder Zeit als er im Zeitraffer "vermännlichte" und so wunderbar intensiven Feldhamsterduft verbreitete (letzteres hat sich leider wieder gelegt).

 

Vorallem war es auch so, dass der "Penisvorfall" bei Freundchen mal stärker und mal schwächer ausgeprägt war, und bei Titan mit dem Ausklingen seines Testosteronschubes sogar völlig verschwand.

 

Vor einiger Zeit verschlimmerte sich Freundchen's Penisvorfall jedoch so, dass der Penis verdickt war und nun nichtmehr eingezogen werden konnte (siehe obiges Foto, auf welchem Freundchen übrigens nicht festgehalten- sondern gefügig gekrault wurde). Behandlungsversuche mit cortisonhaltiger Salbe wurden von Freundchen zwar scheinbar als äußerst angenehm empfunden (er putzte mich gar zum "Dank"), hatten aber keinen langfristigen Erfolg.

Erneut durchforstete ich also Internetforen und fand unter anderem einen für mich besonders erstaunlichen Fall, nämlich den eines Bockes mit Penisvorfall welcher zugleich auch total "verkrampfte" Vorderbeine hatte (soweit ich in Erinnerung habe, fielen auch bei anderen Tieren dieses Bestandes "Lähmungen" auf - generell scheint ein Penisvorfall nie "allein" aufzutreten, sondern als nur eines von etlichen anderen Symptomen). Auch bei Freundchen war es nämlich so, dass sich die Finger seiner Pfoten bisweilen verkrampften bzw. er auf den Fingerspitzen lief (Foto wird noch gesucht und nachgereicht)! Leider schenkte ich diesem merkwürdigen "Zufall" erst ausreichende Beachtung als es schon zu spät war...

 

Freundchen zeigte bald Harnverhalt und Bewegungsstörungen, welche aber nur auf glattem Fußboden zu erkennen waren: Kletterte er im Freilauf irgendwo hoch und sprang wieder ab, landete er nicht auf seinen Pfoten sondern zappelnd auf der Seite liegend - er konnte sich auf glattem Boden nicht allein wieder aufrichten! (Da man hiervon auf "griffigem" Untergrund oder gar im Käfig rein garnichts bemerkte, genauso wenig übrigens wie seine verkrampften Händchen, rate ich anderen im Zweifelsfall hiermit, sich die Tiere gut im Auslauf anzusehen!)

 

"Natürlich" verweigerte Freundchen auch proteinreiches Futter und entwickelte Juckreiz am ganzen Körper. Zuletzt schien er dement, sein Tag-Nacht-Rhythmus war gestört und er begann mit rastlosem, "wirrem", hyperaktiven Rumgerenne... all das mögliche Zeichen von Nierenversagen bzw. Urämie.

Spätestens zu diesem Zeitpunkt hätte ich Freundchen also erlösen müssen und es tut mir sehr leid, dass er unnötig lange leiden musste. Das Fiese war aber, dass sich sein Penisvorfall zuvor ja immer wieder spontan gebessert hatte, bei Titan wie gesagt genauso schnell wieder dauerhaft verschwand wie er aufgetreten war, ich also dennoch bis zur letzten Sekunde die Hoffnung hatte, er könnte es doch noch schaffen. 

 

 

 

Eine kleine Hypothese

Auch andere Nagetiere zeigen bisweilen sehr ähnliche Symptome wie Freundchen, bzw. scheinbar sehr viele Knirpsmausbestände in hiesiger Gefangenschaft: Verkrampfungen, Bewegungsstörungen, Wesensänderungen, Depression, Verlust des "Mutterinstinktes" bzw. Vernachlässigen des Nachwuchses, Kannibalismus bzw. Infantizid (Jungtierfressen), Demenz, Lähmungen (im Netz finden sich Berichte ganzer Knirpsmausbestände, welche gelähmte Hinterbeine hatten!), verfrühter Tod...

Und andererseits finden sich auf sehr "alten" Knirpsmausseiten (ich hatte sie in einem früheren Artikel verlinkt) Berichte, welchen zufolge Lähmungen bzw. Bewegungsstörungen von Knirpsmäusen durch ständige Zufütterung von Vitaminpräparaten und Mineralsteinen wieder verschwanden.

 

Andere Nagetiere zeigen all diese Symptome dann, wenn sie an einer bestimmten Form von Vitaminmangel leiden:

Habt ihr im Biologie- und Chemieunterricht nicht (wie ich) dauerhaft geschlafen, wisst ihr hoffentlich noch dass es im Körper bestimmte "Energiewährungen" sowie Elektronenüberträger gibt. Ohne die geht wirklich rein garnix - sie sind sozusagen das "Geld" des kompletten Organismus.

Der Energieüberträger ist Adenosintriphosphat (ATP) - sagt euch bestimmt was, und der vielleicht etwas weniger allgemein bekannte Elektronenübertäger ist Nicotinamidadenindinucleotid ("sogar" ich war an dieser Stelle einst im Chemieunterricht kurz aufgewacht, weil ich über den "komplizierten" Namen lachte, bevor ich wieder einschlief), also NAD+ bzw. NADH, welches, wie man an der Abkürzung sieht, mit jeweils zwei Elektronen rumwirft bzw. diese überträgt.

 

Die Vorstufe des NAD's muss ständig über die Nahrung zugeführt werden, nämlich in Form eines bestimmten B-Vitamins (Niacin). Ein Mangel ist in der Praxis dennoch so gut wie ausgeschlossen, da das sowieso überall drin ist. Egal wie ihr eure Maus also ernährt, es wird euch nicht "gelingen"...

Praktisch einzige Ausnahme: ihr ernährt eure Maus entweder einseitig mit Mais oder einseitig mit Hirse / Kleinsaaten, da diese im "Rohzustand" eine für den Mäusekörper schlecht verwertbare Form enthalten.

 

Beim "Duftzwilling" von Knirpsmäusen, nämlich dem Feldhamster, wird das dann zum für den Fortbestand der kompletten Art wirklich höchst bedrohlichen Problem, wenn dieser - wie heutzutage leider zunehmend der Fall - inmitten von Monokulturen leben muss. Denn da sich in seinem Einzugsbereich dann z.B. nur noch Mais befindet, sammelt bzw. frisst er dann auch nur noch diesen. In der Folge leidet er an oben beschriebenen Symptomen und vermehrt sich vorallem nicht sondern frisst oder/und vernachlässigt größtenteils seinen Nachwuchs.

Seit man um die Ursache dieses Phänomens weiß, kann man "Maishamster" zum Glück auf sehr simple Weise retten, indem man ihnen z.B. Bierhefe zur Verfügung stellt (diese enthält nämlich große Mengen an B-Vitaminen), wodurch sie wieder "normal" werden bzw. sich vorallem erfolgreich fortpflanzen.

 

Immerhin hat sich die "Maisproblematik" in der Mäuseszene scheinbar rumgesprochen, wenn auch nicht völlig korrekt - es wird davon ausgegangen, das Problem an Mais wäre das Fehlen einer bestimmten Aminosäure. Zum Mangel an einer Aminosäure, genauer gesagt handelt es sich dabei um Tryptophan, kommt es indirekt tatsächlich, weil der Körper (auch) aus dieser Aminosäure sein NAD herstellen kann, und das mangels Niacin auch tun wird. Die oben beschriebenen Verhaltensstörungen solcher Nager werden wiederum dem Mangel an Tryptophan (welches nämlich für die Synthese bestimmter Botenstoffe im Gehirn gebraucht würde) zugeschrieben.

 

Weniger bekannt scheint in hiesiger Mäuseszene aber, dass man das gleiche Problem wie gesagt auch bei einseitiger Fütterung mit bestimmten Hirsesorten bzw. Kleinsaaten allgemein hat. Ich selbst habe meinen Mäusen deshalb früher, als ich ihr Futter noch selbst zusammengestellt hatte, aufgrund des hohen Hirseanteils stets ad libidum Bierhefe zur Verfügung gestellt, welche auch gierig angenommen wurde. Auch in fertigem, wenn hirselastigem Körnerfutter findet sich bisweilen Bierhefe auf der Zutatenliste.

Allerdings kommen Zusatzstoffe welcher Art auch immer in hiesiger Mäuseszene nicht nur nichtmehr in Frage (schließlich hält man auch Bierhefe - wie soll es anders sein, für "schlecht", "schädlich", "Müll" und "Dreck"), sondern man geht im Falle von Knirpsmäusen noch dazu davon aus, diese könnten aufgrund ihrer geringen Größe auch nur kleine Körner fressen und ihr Futter sollte ausschließlich aus Kleinsaaten bestehen.

 

Ich halte es daher für möglich, dass bestimmte, in hiesiger Gefangenschaft unter Knirpsmäusen sehr häufige Krankheitssymptome und Verhaltensstörungen (z.B. Jungtierfressen und Lähmungserscheinungen) Folgen eines Vitaminmangels sind. Dazu könnten indirekt auch die unter Knirpsmäusen so häufigen Penisvorfälle zählen, da diese stets in Kombination mit anderen mehr oder weniger schwerwiegenden Gesundheitsproblemen aufzutreten scheinen, darunter eben Verkrampfungen.

Denn aufgrund ihres rapiden Stoffwechsels wären "Lieferschwierigkeiten" von NAD und andere Mängel bei Knirpsmäusen entsprechend folgenschwer.

 

Bei Titan habe ich daher vorsichtshalber Zusatzfutter in Form von feinem Körnerfutter (welches die beiden "natürlich" viel lieber und reichlicher fraßen als ihre Pellets) gestrichen. Zusätzliche Mineral- und Vitaminpräparate bekommt er nun auch regelmäßiger als sonst bzw. dauerhaft.

Mal schauen - nutzt's nix, schad's nix.

 

Genau dazu, bzw. ein Augenmerk auf die nötige Vitamin- und Mineralstoffzufuhr (wie ja auch auf "alten" Knirpsmaus-Internetseiten immer wieder betont!) würde ich bis auf weiteres auch anderen HalterInnen raten.

 

Und um auch noch die andere Möglichkeit abzudecken, nämlich dass Knirpsmausböcke, vielleicht aufgrund ihres Markierverhaltens, einfach generell eine erhöhte Neigung für Penisvorfälle haben könnten, sollte man vielleicht der Auswahl des Untergrundes (sowas wie feiner Sand dürfte wohl eher ungünstig sein) entsprechende Beachtung schenken.

 

 

 

Ob nach diesem überaus schmerzhaften Verlust dennoch wieder eine weitere Knirpsmaus einziehen wird? Damit sowas auch ganz sicher nichtmehr vorkommt hat Titan mir geraten, ihm diesmal doch nicht wieder so einen alten Sack sondern stattdessen ein hübsches junges Weibchen beizustellen...