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Auslauf für Mäuse

Betagte Tierheim-VZM beim wahrscheinlich ersten Auslauf ihres Lebens:

 

Auslauf ist die wichtigste Beschäftigungsmöglichkeit die man Mäusen in Gefangenschaft bieten kann und wenn möglich auch bieten sollte.

Denn Mäuse sind Neugierwesen (neophil) die einen ganz besonders ausgeprägten Erkundungsdrang haben (Novelty seeking behavior).

Als verantwortungsvoller Halter sollte man stets versuchen zu gewährleisten, dass seine Haustiere das höchstmögliche Maß an natürlichem Verhaltensrepertoire ausleben können. Und Erkunden steht im Verhaltensrepertoire von Mäusen nunmal ganz oben auf der Liste, sogar über dem Fressen (lässt man im Tierversuch ausgehungerten Tieren die Wahl zwischen Futter und Neuem, entscheiden sie sich für das Neue!).

 

Ausserdem zeigen Mäuse im Auslauf ein größeres Verhaltensrepertoire als in reiner Käfighaltung, z.B. wesentlich ausgeprägteres Spielverhalten (siehe obiges Video), darunter insbesondere Locomotor-rotational play ("Popcornen", das auch häufig im Zuge des Clickertrainings auftritt).

Und da Spielverhalten bei Mäusen als sehr wichtiger Indikator für ihr Wohlbefinden gilt (MILITZER 1986, KAISER et al. 1999, MARASHI et al. 2003), ist daraus zu schlussfolgern, dass sich Mäuse, wenn sie Auslauf erhalten, wohler fühlen als in reiner Käfighaltung.

Bei Vielzitzenmausböcken und besonders dominanten -weibchen ist weiters ein interessantes und sehr ausgeprägtes Markierverhalten zu beobachten, das sie selbst in großen Käfigen so nicht zeigen.

 

Ungeachtet dessen wird oft behauptet, ein großes und abwechslungsreich gestaltetes Gehege genüge Mäusen vollkommen, dadurch wäre ihre Neugier nämlich befriedigt und sie hätten deshalb sowieso keine Lust auf Auslauf.

Doch das exakte Gegenteil ist der Fall!

Denn je mehr Erkundungsmöglichkeiten sie innerhalb ihres Käfigs haben, desto größer wird ihr Entdeckerdrang. Das liegt am Glückshormon Dopamin, das dabei ausgeschüttet wird und Mäuse "süchtig" nach Neuem macht, sie wollen eine immer höhere Dosis davon (siehe Neophobie).

Die Neugier von Mäusen ist nie befriedigt.

 

 

Voraussetzungen für Auslauf

 

Der Auslauf ist für Mäuse genauso Teil ihres Reviers wie ihr Käfig. Das bedeutet aber auch, dass sie die meiste Zeit von einem großen und wichtigen Revierteil abgeschnitten sind, was sie sehr stressen kann. Denn es ist ihr Bedürfnis, ihr Revier jederzeit erkunden zu können.

Es besteht die Gefahr, dass man Mäuse zu notorischen Gitternagern "erzieht", die in ihrem Käfig einfach unglücklich wirken.

Daher ist es sehr wichtig, Mäusen regelmäßig Auslauf zu geben, also möglichst täglich, zur gleichen Zeit und gleich lang. Denn nur so können sie sich darauf einstellen und wissen wann Zeit für Auslauf ist und vorallem wann nicht.

Kann man das nicht gewährleisten, ist es besser garkeinen Auslauf anzubieten, anstatt nur hin und wieder (dasselbe gilt übrigens auch für alle anderen Haustiere, von der Ratte bis zur Katze!). Denn sonst hat man sichtlich unglückliche Mäuse, die sich "eingesperrt" fühlen.

 

Kann man Käfig und Auslauf direkt verbinden, z.B. durch eine Rampe, ist das zwar praktisch, aber das halte ich nicht für eine zwingende Voraussetzung, sofern man einige Regeln beachtet.

 

Werden Mäuse aus ihrem Käfig genommen und einfach in unbekanntes Terrain gesetzt, haben sie - wie alle anderen Tiere auch - großen Stress, was auch wissenschaftlich erwiesen ist. Das ist wohl auch der Grund, warum manche Halter fälschlicherweise glauben, ihre Mäuse wollten keinen Auslauf, da sie an ihrer Körpersprache sehen wie unwohl sie sich fühlen, nachdem sie sie einfach aus dem Käfig genommen und irgendwo hingesetzt haben.

 

Daher ist sehr wichtig, die Mäuse einen noch unbekannten Auslauf selbst und in ihrem eigenen Tempo erkunden zu lassen, anstatt sie einfach reinzusetzen!

Dazu kann man wie erwähnt eine Rampe an den Käfig bauen, vorausgesetzt der Auslaufbereich grenzt direkt daran. Allerdings ist das nicht mit allen Gruppen und Arten möglich. Dominante Tiere lassen nämlich manchmal rangniedere Tiere nichtmehr in den Käfig zurück und es kommt zu Spannungen und Rangeleien in der Gruppe. Vorallem bei Vielzitzenmäusen ist von einer direkten Verbindung von Käfig und Auslauf sowieso dringend abzuraten, denn das kann zu heftigen Kämpfen bishin zum völligen Zerbrechen einer Gruppe führen, da sie die Rangordnung ausserhalb ihres Käfigs oft neu ausfechten. Bei meinen Weibchen hatte ich sogar den tragischen Fall, dass einem Tier das von draussen in seinen Heimatkäfig schnupperte von einem gerade darin befindlichen anderen Gruppenmitglied die Nase abgebissen wurde!

 

Für die Gruppenharmonie ungefährlich und deshalb besser ist es, die Mäuse gemeinsam mit einem Stück "Heimaterde" (z.B. eine Schachtel aus dem Käfig, ein großes Häuschen, eine Buddelkiste oder eine Faunabox, die man eigens zu diesem Zweck im Käfig stehen hat) in den neuen Auslauf zu setzten, von der aus sie das neue Terrain erkunden können und wohin sie sich jederzeit wieder zurückziehn können.

Sind die Mäuse sehr zahm bzw. klettern gerne an ihrem Menschen herum, kann man sich auch einfach mit den Mäusen in den Auslauf setzen und sie entscheiden lassen, ob sie abstiegen. Anfangs sollte man allerdings die ganze Zeit über bei ihnen sitzen bleiben.

Später, wenn Mäuse ihren Auslauf also schon kennen, ist das nichtmehr notwendig bzw. wird nichtmehr in Anspruch genommen, die Mäuse springen stattdessen gleich freudig von der Hand in den Auslauf.

 

Während dieser Zeit von ihrem Käfig, also einem Revierteil, abgeschnitten zu sein, ist für Mäuse die regelmäßige Auslaufzeiten haben genauso wenig stressig, wie umgekehrt in ihrem Käfig vom Auslauf abgeschnitten zu sein.

 

Für frisch vergesellschaftete oder/und unharmonische Gruppen verbietet sich jeglicher Auslauf, genauso selbstverständlich für intakte Farbmausbockgruppen!

 

Zahmheit ist entgegen landläufiger Meinung allerdings keine unbedingte Voraussetzung für Auslauf. Ganz im Gegenteil werden viele Mäuse durch Auslauf erst zahm, oft sogar sehr. Das ist besonders bei Vielzitzenmäusen zu beobachten, die sich durch Auslauf sehr verändern und ähnlich zahm wie Farbratten werden können!

 

 

 

Gestaltung des Auslaufs

 

Sehr wichtig ist es, dass Mäuse im Auslauf mindestens eine Versteckmöglichkeit haben. Wissenschaftlich erwiesen ist, dass ihr Erkundungsverhalten umso ausgeprägter ist, je mehr sie davon haben.

Ausserdem sollte der Auslauf möglichst abwechslungsreich gestaltet werden, indem man möglichst jedesmal irgendwelche neuen Spielsachen oder/und Klettermöglichkeiten als Überraschung anbietet - da sind der Kreativität keine Grenzen gesetzt. Man kann z.B. eine Stehleiter aufstellen, die man mit Kletterseilen, Kuschelhöhlen und Leckerchen behängt. Auch eine Buddelkiste in der man Überraschungen versteckt wird gerne angenommen. Ein ganz besonderes Highlight können z.B. Heuschrecken sein, die man im Auslauf freilässt.

 

Mäuse brauchen auch im Auslauf ständigen Zugang zu Futter und Wasser! Ist dieser also nicht direkt mit dem Käfig verbunden, muss es ihnen bereitgestellt werden.

 

 

 

Gefahren beim Auslauf

 

Eine große Gefahr beim Auslauf ergibt sich schon allein dadurch, dass Mäuse so klein sind - man kann leicht auf sie drauftreten! Deshalb sollte der Auslauf besser nicht im selben Raum stattfinden indem sich der Mensch aufhält, oder durch eine Absperrung gesichert sein. Hält man sich im Auslauf der Mäuse auf, muss man sehr vorsichtig sein und darf nur schlürfende Schritte machen. Denn auch wenn gerade keine Maus in Sicht ist - es kann einem jederzeit blitzschnell eine vor die Füße huschen!

 

Auch Kabel, Zimmerpflanzen, Steckdosen usw. sind selbstverständlich eine Gefahr für Mäuse und dürfen sich keinesfalls ungesichert im Auslauf befinden. Deshalb ist es sehr schwierig bis unmöglich, eine ganze Wohnung mäusesicher zu machen. Besser bzw. einfacher ist es, z.B. Flur oder Bad als Auslaufzimmer zu nutzen.

 

 

 

"Einfangen" aus dem Auslauf

 

Um die Mäuse aus dem Auslauf wieder zurück in den Käfig zu bringen, kann man einfach warten bis sie genug haben und sich zum Ruhen in ein Versteck zurückgezogen haben. Gemeinsam mit diesem kann man auch scheue Tiere wieder in den Käfig zurückbringen.

 

Aber es gibt auch agile Vertreter, die scheinbar nie genug haben und die ganze Nacht draussen herumrennen würden, wenn man sie denn ließe.

Wichtig ist hier dass die Tiere erstmal lernen, dass sie nicht jedesmal gleich "eingefangen" bzw. in den Käfig zurückgebracht werden, wenn der Mensch in den Auslauf kommt bzw. sie sich ihm nähern und an ihm hochklettern!

Denn sonst würden sie ihn bald meiden oder sogar flüchten, wenn sie nochnicht in den Käfig wollen.

Man sollte den Auslauf deshalb auch dafür nutzen, sich mit seinen Tieren zu beschäftigen und ihn nicht nur zum Rein- und Rausnehmen betreten.

Ist das Tier zu scheu, um es mit der Hand aufzunehmen, kann man es auch mit einer großen Papprolle oder einer Schachtel zurücksetzen, in die man Leckerchen legt - wichtig ist wie schon gesagt, dass sie nicht jedesmal sofort in den Käfig gebracht werden, wenn sie in die Schachtel gehen oder auf die Hand kommen, denn sonst tun sie das bald nichtmehr.

 

 

 

Besonderheiten

 

  • Da Mäuse kontextbezogen lernen, kann es durchaus sein, dass selbst zahme Mäuse ihren Menschen im Auslauf nicht wiedererkennen! Man muss sie dort also mitunter nochmal völlig "neu zähmen"!

 

  • Aufgrund ihrer arttypischen Thigmotaxis sieht man Mäuse im Auslauf hauptsächlich an den Wänden entlanglaufen. Erst mit einigem Vertrauen in ihre Umgebung kreuzen sie auch größere freie Flächen bzw. bewegen sich auf diesen entspannt und selbstsicher.

 

  • Manche Mäuse(-Arten) haben ein sehr merkwürdiges Verhältnis zu menschlichen Füßen, ganz besonders den Zehen, für welches ich bisher keine eindeutige Erklärung gefunden habe. Man muss jedenfalls damit rechnen, auch von völlig friedfertigen und ansonsten sogar scheuen Tieren scheinbar grundlos in die Zehen gezwickt zu werden und muss hier natürlich vermeiden, die Maus vor Schreck durch eine reflexartige Fußbewegung zu gefährden. An ihrer Körpersprache sowie der Beisskraft lässt sich erkennen, dass dieses Verhalten bei Mäusen definitiv nicht (immer) - wie in Rattenkreisen üblicherweise gemutmaßt - als bloße "Spielaufforderung" gedeutet werden kann, sondern eindeutig Aggression dahinter steht. Ausnahmslos alle meine bisherigen Vielzitzenmäuse zeigten dieses Verhalten, und da sie die Zehen auch durch dicke Socken hindurch blutig beissen, empfielt sich bei ihnen das Tragen fester Hausschuhe. Meine eigene, behelfsmäßige Erklärung ist übrigens, dass Mäuse die menschlichen Füße (oder sogar die einzelnen Zehen) nicht als zum Menschen gehörig, sondern als eigenständige kleine Lebewesen wahrnehmen und sie demnach entweder als Feinde in ihrem Revier oder gar potentielle Beutetiere (einzelne Zehen) betrachten.

 

  • Da Farbmäuse im Gegensatz zu vielen anderen Arten aus größeren Höhen nicht abspringen und auch vorsichtig genug sind um nicht zu fallen, kann man für sie auch einen Tisch oder Ähnliches als Auslauffläche nutzen, was auch von der TVT in ihrem jüngsten Merkblatt über Mäuse empfohlen wird. Dies ist eine besonders sichere und deshalb grundsätzlich empfehlenswerte Auslaufmöglichkeit für Farbmäuse, was aber nicht immer heisst dass sie sich auch sicher fühlen. Denn viele Mäuse fühlen sich auf dem erhöhten "Präsentierteller" sichtlich unwohl, weshalb sich ein Tisch als Auslauf nicht für alle Farbmauspersönlichkeiten eignet.